BernerZeitung: „Wie rentabel ist das AKW wirklich?“
Die BernerZeitung bringt heute den Artikel „Wie rentabel ist das AKW wirklich?„. Von Tobias Habegger.
Laut BKW-Chefin Suzanne Thoma bringt das Atomkraftwerk Mühleberg dem Konzern jährlich 120 Millionen Franken ein. AKW-Gegner bestreiten diese Zahl. Das Gegenteil sei der Fall: In Mühleberg werde bei der Stromproduktion sogar Geld vernichtet.
Mit dem Artikel wird unserer Sicht auf die ökonomischen Realitäten des AKW Mühleberg wiedergegeben, wie er sich aus den verfügbaren offiziellen Dokumenten und Äusserungen der BKW ableiten lässt. Damit wird endlich der unhaltbaren Darstellung der BKW-Chefin Suzanne Thoma widersprochen.
So rechnen die AKW-Gegner
Die AKW-Kritiker vergleichen die Verkaufspreise des Mühleberg-Stroms mit den Kosten, die direkt bei dessen Produktion anfallen. Oder mit Fachbegriffen gesagt:Sie ermitteln, ob das AKW-Mühleberg noch einen Deckungsbeitrag zur Tilgung der so oder so anfallenden Fixkosten abwirft. Entscheidend für einen ökonomischen Weiterbetrieb sind die variablen Kosten, weil nur diese bei der Abschaltung des Atomkraftwerks wegfallen würden.
Wir haben unsere Berechnung − im Gegensatz zur BKW und zur Kantonsregierung − sauber belegt. Zum einen verwenden wird das Dokument „Realkosten der Atomenergie“ des Bundesrates (ich danke Peter Stutz und Dr. Rudolf Rechsteiner für entsprechende Hinweise und Erklärungen):
Dieses Dokument beziffert unter anderem die variablen Kosten je nach AKW. Konkret die Kosten für Betrieb und Unterhalt, sowie für den Uran-Brennstoff:
Damit erhalten wir knapp 4 Rappen pro Kilowattstunde als variable Kosten.
Obwohl das Dokument von 2008 stammt, beziehen sich die Zahlen auf eine Preisbasis von 1985. Daher muss man noch die Teuerung berücksichtigen. Diese liegt laut Bundesamt für Statistik zwischen 1985 und heute bei rund 50% [Quelle: BFS, historische Konsumentenpreisindizes, sowie aktuelle Zahlen]. Weil wir aber nicht genau wissen, wie die Teuerung auf Betriebs-, Unterhalt- und Brennstoffkosten wirkt, haben wir zurückhaltend nur die Hälfte angerechnet, also 25%. Folglich können wir rund 5 Rappen pro Kilowattstunde als variable Kosten ausweisen.
Zusätzlich habe ich die Kostenstudie 2011 des Betreiberverbandes Swissnuclear zu den Entsorgungskosten analysiert. Der Grossteil dieser Kosten ist fix, das heisst ein AKW muss diese bezahlen, unabhängig davon, wie lange es betrieben wird und wieviel Atommüll es erzeugt. Das ist vertraglich so geregelt und wird als „Solidaritätsprinzip“ bezeichnet. Man darf sich durchaus Gedanken machen, zu welchen unerhörten Zwängen diese Vertragsregeln führen − auch zwischen den Betreibern.
Aber ein kleinerer Teil dieser Kosten ist eben doch auch variabel und er wird als solcher auch in der Studie ausgewiesen. Diese Faktoren habe ich gesammelt und auf eine Jahresbasis zurückgerechnet (hier nur ein Beispiel):
Danach habe ich noch den Kostenzuschlag von 30% dazugerechnet, welcher gemäss Revision der Stilllegungs- und Entsorgungsfondsverordnung zu veranschlagen ist. Schliesslich ergeben sich 15.9 Millionen Franken Kosten pro Jahr des Weiterbetriebs oder umgerechnet auf die Jahresproduktion 0.53 Rappen pro Kilowattstunde.
Die gesamte Rechnung steht als Excel-Blatt zur Verfügung:
Der Zeitungsartikel fasst wie folgt zusammen:
Bei den variablen Kosten rechnen die AKW-Gegner mit 5,5 Rappen pro Kilowattstunde (kWh). Der Ertrag (Stromverkaufspreise) liegt bei 5 Rappen, was von keiner Seite bestritten wird. Unter dem Strich, so die Rechnung der AKW- Gegner, lege die BKW mit jeder Kilowattstunde Mühleberg-Strom zusätzlich zu den ungedeckten Fixkosten nochmals circa 0,5 Rappen drauf. Im Jahr entspricht das 15 Millionen Franken.
Die schwurblige Gegenwehr der BKW zeigt ganz genau auf, wo der Hund begraben ist:
Demgegenüber sei die Aussage von Suzanne Thoma auf den konkreten aktuellen Betriebszustand des Atomkraftwerks und die kurzfristig anfallenden Kosten bezogen. «In der kurzen Frist ist in unserem Fall nur ein kleiner Teil der Betriebskosten als variabel zu betrachten», so der BKW-Sprecher.
Damit sind die Zahlen als das entlarvt, was sie sind. Unhaltbar. Niemand bestreitet, dass ein AKW nach seiner Schliessung nur noch Kosten verursacht. Das ist sowohl bei einer sofortigen Stilllegung wie auch 2019 so (falls dann tatsächlich abgeschaltet wird). Es ist klar: wenn man hinsichtlich der Erträge und Kosten auf „kurzsichtig“ macht und nur wenige Jahre nach vorn blickt, kommt man auf diese abstrusen Zahlen.
Das ist wie wenn man wenige Raten eines Abzahlungsvertrags als vollen Kaufpreis darstellt: Bauernfängerei!
Bei einer Schadenersatzklage funktionieren solche faulen Tricks aber nicht. Dort müssen absehbare Kosten vollständig den absehbaren Erträgen gegenübergestellt werden. Bis zum Ende der Verpflichtungen. Und dann kommt wieder unsere korrekte Rechnung zum Zug. Nach den uns verfügbaren Zahlen von Bundesrat und Swissnuclear ist folgendes anzunehmen:
Mit jeder Kilowattstunde Strom, die in Mühleberg produziert wird, vernichtet die BKW Geld.
Sollte die BKW andere Zahlen haben, soll sie diese offen ausweisen, ansonsten bleibe ich dabei. Die Schlussfolgerung ist klar: Jede Schadenersatzforderung ist illusorisch!
Weitere Argumente für ein Ja zur Initiative „Mühleberg vom Netz“ in meinem Referat “Konkrete Sicherheitsmängel AKW Mühleberg” →
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