BKW informiert über Stilllegungsprojekt
An verschiedenen Veranstaltungen haben BKW, ENSI und BFE über das Stilllegungsprojekt informiert. Bereits im Vorfeld am 16. Februar 2015 gab es einen speziellen Anlass für „kernkritische Gruppierungen“. energisch.ch war auch eingeladen.
Neue Offenheit
Zwar blieben die Informationen und Antworten auf Rückfragen im Detail noch recht vage aber ich begrüsse diese neue Offenheit der BKW ausdrücklich. Dass die BKW noch nicht alle Einzelheiten ausgearbeitet hat und entsprechend auch noch nicht auf alle Fragen Auskunft geben konnte, erschien mir im konkreten Zusammenhang plausibel.
Wie ausdrücklich von Herrn Schweikert (Chef Kommunikation) hervorgehoben — will man fortan eine geänderte Informationskultur leben. Ich anerkenne die ersten Schritte und hoffe, dass den Worten weitere Taten folgen. Die Fragen der (kritischen) Anwohner sollen umfassend und regelmässig beantwortet werden, sobald weitere Details geklärt sind.
So wie es versprochen ist:
Schlussabbrand der Brennelemente
Mit meiner Anmeldung zum Anlass habe ich bereits eine technische Frage gestellt:
Ich interessiere mich speziell für das Abbrandregime für die Brennelemente, bzw. inwiefern es sich vom regulären Abbrand unterscheidet und wie die Revisions- bzw. Beladezyklen aussehen werden.
Bekanntlich werden bei jedem Revisionsstillstand nur eine gewisse Anzahl Brennelemente durch Neue ersetzt. Würde man mit diesem Regime einfach weiterfahren bis zur endgültigen Ausserbetriebnahme, müsste man am Schluss einige (teure) Brennelemente nur halb genutzt entsorgen. Ich wollte mich also vergewissern, dass nicht alte Brennelemente länger abgebrannt werden, um sie nicht ersetzen zu müssen. Ein längerer Abbrand ist wegen der zunehmenden Schwächung der Hüllrohre (Oxidation) und wegen steigender Radioaktivität der enthaltenen Spaltprodukte risikoreicher.
Dazu hat mir der verantwortliche Herr Hänggi am Anlass ausdrücklich versichert, das Gegenteil sei der Fall. Es werde kein Brennelement länger abgebrannt, als bisher. Man werde sogar mehr Brennelemente auswechseln; man habe extra solche bestellt, die weniger Brennstoff enthielten. Der Kern werde also gegen Schluss ein diesbezüglich tieferes Risiko darstellen, als im bisherigen Normalbetrieb.
Herr Hänggi hat mir schlüssig erklärt, man wolle die letzten Brennelemente eben gerade kürzer abbrennen, weil sonst deren Nachzerfallswärme höher ausfalle und man dann länger warten müsse, bis man sie aus dem Brennelementbecken entfernen, verpacken und abtransportieren könne. Ein längerer Weiterbetrieb des Beckens mit den notwendigen Kühlsystemen etc. und die unproduktive Weiterbeschäftigung der entsprechenden Belegschaft kommt offenbar teurer, als zusätzliche „Kurzzeit“-Brennelement einzukaufen und rascher auszutauschen.
Brennelemente schon gekauft – Jahr 2019 scheint gesetzt
Damit wurde auch klar, dass die BKW bereits die optimierten Brennelemente-Beladungen bis 2019 bestellt hat. Gewissen Hoffnungen, dass das AKW aus wirtschaftlichen Gründen bereits vor 2019 abgestellt werden könnte, erteilten die Anwesenden eine klare Absage. Ebenso vehement wurde jedoch bestätigt, dass Ende 2019 endgültig Schluss sei. Genauer wollte man sich innerhalb des Jahres nicht festlegen. Es werde aber nicht erst der 31. Dezember sein.
Damit stellt sich erneut die Frage: Darf man nach allen diesen ausdrücklichen Zusicherungen massgeblicher Verantwortlicher tatsächlich davon ausgehen, dass das Jahr 2019 endgültig gesetzt ist? Dass gegen Schluss nicht doch noch die bisher so erfolgreich praktizierte Salamitaktik zum Zug kommt?
Ich möchte es eigentlich wirklich hoffen!
Schneller Schlussstrich
Mehrmals wurde betont, man wolle so schnell als möglich die „Entlassung aus dem KEG“ erreichen (also nicht mehr der Kernenergiegesetzgebung unterstellt sein). Die BKW entschied sich konsequent für den schnellen Weg des „direkten Rückbaus“ und gegen das „Morgen-morgen-nur-nicht-heute“ des sogenannt „sicheren Einschlusses“. Man will schnell das nukleare Risiko loswerden (Abtransport der Brennelemente, die 98% der Radioaktivität ausmachen). Man will schnell „wasserlos“ werden, also nicht mehr auf die (viel kritisierten) Kühlsysteme angewiesen sein. Man will schnell alle sonstigen radioaktiven Stoffe vom Gelände und aus der direkten Verantwortung der Firma weg haben.
Nase voll von Kernenergie?
Am Anlass wurde ich den Eindruck nicht los, man spüre zwischen den Zeilen, wie befreiend dieser Stilllegungsentscheid für die Verantwortlichen sei. Man sonne sich in Gedanken bereits in der Zeit nach der Stilllegung. Und ja, man habe nun wirklich die Nase voll von der Kernenergie.
Wunschdenken meinerseits? Oder doch nicht?
Es könnte ja schon sein: erstmals musste sich die BKW ganz intensiv, ganz konkret, mit dem eigenen Personal und ganz aus dem eigenen Portemonnaie mit dem „Dicken Ende“ der Atomkraft beschäftigen. Vielleicht ist man danach automatisch nicht mehr ganz so begeistert von dieser Energieform, wie man es auch schon war.
Als die Sprache dann auf die Axpo kam, welche immer noch Hunderte Millionen Franken in ihren Uraltreaktor Beznau „investiert“, machten die BKW-Leute wenn nicht in Worten, so doch in Tonalität und Körpersprache keinen Hehl daraus, was sie davon halten. Herr Ineichen äusserte sich felsenfest davon überzeugt, dass steigende Strompreise in den nächsten Jahrzehnten Fehlanzeige sind.
Das heisst, dass die Axpo die seit der Bestellung vervierfachten Kosten der Nachrüstungen niemals wieder reinholen wird. Dass die Unbelehrbaren aus Baden jede Woche, die sie keinen Baustopp einlegen und stattdessen eine rasche Stilllegung ankündigen, Millionen Franken verbrennen!
Warum die Axpo-Aktionäre derart schlafen, verstehe ich nicht.
Sorgen um das Personal
Aus der Sicht des Anwohners begrüsse das schnelle Vorgehen der BKW nach der Ausserbetriebnahme (die Ausserbetriebnahme hätte selbstverständlich längst erfolgen müssen). Aber es wäre nicht die Atomenergie, wenn es keinen Pferdefuss gäbe: der projektierte schnelle Rückbau der Anlage wird zweifellos zu einer insgesamt erhöhten Strahlenbelastung beim Personal führen. Ich werde mich in Zukunft vermehrt auch in dieser Hinsicht informieren und weiterbilden, um die richtigen Fragen stellen zu können.
Foto: „So hat der ganze Schlamassel begonnen“, Baustelle Atomkraftwerk Mühleberg. Quelle: Staatsarchiv Bern, FI Losinger 3105/5
Schreibe einen Kommentar