Erneuerung der Wärmeerzeugung im Eigenheim

Rückblick vom Mai 2012.

Standortbestimmung

Nach dem Kauf und der teilweisen Innenrenovation unseres Eigenheims Ende 2007, ging es daran, die energetische Sanierung zu planen. Das Reiheneinfamilienhaus aus dem Jahr 1896 ist denkmalpflegerisch geschützt und weist eine ornamentierte Sichtbacksteinfassade auf, was die Optionen richtigerweise einschränkt.

Zuerst wolle ich wissen, wo wir stehen. Daher instrumentierte ich die alte Ölheizung für die Heizperiode 2008/2009 mit den Wärmesensoren einer umfunktionierten Wetterstation (Vorlauf/Rücklauf) und einem Betriebszeiten-Logger aus einer umgebauten Küchenuhr und dem zerlegten Regenzähler. Den absoluten Verbrauch ermittelte ich mit der Tankanzeige welche ich wiederum anhand einer Tankfüllung (also dem Messgerät am Tanklastwagen) eichte.

Was ich schon vermutet hatte, wurde bestätigt: im 19. Jahrhundert war Wärmeenergie teuer und mühsam bereitzustellen (Zimmeröfen). Man baute folglich noch anständig gedämmte Häuser. Als Reihenhaus sind zudem zwei Aussenwände weniger zu beheizen. Nach meinen Berechnungen erreicht das Haus locker den erlaubten Flächenverbrauch gemäss Minergie Standard 2000, vorausgesetzt man rechnet Holz als Energieträger.

Anhand der Aufzeichnungen konnte ich auch die maximal benötigte Leistung in den ganz kalten Wochen ermitteln und damit den neuen Heizungkessel dimensionieren. Das war übrigens dieser ganz besonders weisse Winter.

Evaluation

Nun ging ich daran das Wärmeerzeugungssystem zu evaluieren. Idealvorstellung: wenn schon die Wärmeverluste nicht stark eingedämmt werden können, dann sollte die Energie wenigstens erneuerbar bereitgestellt werden.

Allerdings wurde mir schnell klar: das allumfassend saubere Wärmeerzeugungssystem gibt es nicht. Jede Technologie hat ihre Vor- und Nachteile. Mitten in der Stadt spricht beispielsweise die Feinstaubproblematik und das NOx gegen den Pelletskessel, während die Gastherme hier gut abschneidet. Anfragen beim Umweltamt Bern und beim WWF ergaben widersprüchliche und für mich erstaunliche Auskünfte. Der WWF riet mir etwa, primär eine Erdsonden-Wärmepumpe in Betracht zu ziehen.

So evaluierte ich Erdgas, Wärmepumpe und Pellets und versuchte die Vor- und Nachteile abzuwägen.

Die Wärmepumpe schied aus, weil die alten Hochtemperaturradiatoren im Haus nicht geeignet waren und deshalb eine schlechte Jahresarbeitszahl von nur 2.9 errechnet wurde. Das heisst, für 2.9 Einheiten Wärme hätte ich eine Einheit Strom verbraten müssen. Für mich unakzeptabel (aber leider oft praktiziert). Wärmepumpen sind dann sinnvoll, wenn ein Niedrigtemperatur-Wärmeabgabesystem vorhanden ist (z.B. eine Bodenheizung).

Nüchtern betrachtet, gewann Erdgas die Evaluation. Die Vorteile bei den Schadstoffen, der Effizienz, des Platzbedarfs im Keller und vor allem bei den Kosten waren klar. Nur: die Tatsache, dass Erdgas ein fossiler Brennstoff ist, oft aus Ländern mit fragwürdigen politischen Verhältnissen stammt, keine Wertschöpfung in der Schweiz stattfindet und natürlich riesige Mengen klimaschädliches CO2 erzeugt werden, passte mir gar nicht.

So ergänzte ich meine Evaluationstabelle, indem meine Frau und ich diesen Überzeugungen einen monetären Wert gaben. Wie viel ist es uns pro Jahr wert, ein besseres Gewissen haben zu dürfen? Wir orientierten uns an unseren jährlichen Spenden für Organisationen und aufgerechnet auf die Lebensdauer, sah es dann gut aus für die einheimische Holzenergie.

Entscheid und Umsetzung

Wir entschieden uns also für den Pelletskessel, allerdings für das Produkt mit den tiefsten Feinstaubemissionen und einer exklusiven Brennwerttechnik (aus dem Dampf wird Kondensationsenergie zurückgewonnen). Zudem wird die Verbrennungsluft über den gemauerten Kaminschacht angesaugt, wodurch diese sich bereits am mittig geführten Abgasrohr erwärmt, was die Effizienz steigert. Dabei wird auch der Keller weniger ausgekühlt, weil keine Frischluftzufuhr in die Räume nötig ist. Dies wiederum verringert die Wärmeverluste vom Erdgeschoss her. Die Kellerdecke wurde jedoch trotzdem gleichzeitig gedämmt.

Vorher, Nachher – Zeitraffer des Umbaus.

Ein gutes Gefühl

Ein sehr, sehr gutes Gefühl stellte sich bei der ersten Füllung ein. „Oil of Emmental„, das ist lokale Schweizer Wertschöpfung! Fein riechendes Holz statt tagelang stinkendes Öl.

Mit dieser Erneuerung reduzieren wir unseren persönlichen CO2-Ausstoss deutlich, verzichten auf gefährliche Öltransporte, entziehen undemokratischen Regimes und Konfliktherden unsere Unterstützung und fördern nachhaltig die lokale Wertschöpfung.


Lizenz: Creative Commons


Quelle: U.S. Air Force photo – Wikimedia Commons

Aber das ist nicht alles: wir vollziehen damit auch unseren persönlichen Atomausstieg. Indem auch unser Warmwasser nun mit Pellets erwärmt wird, statt im Elektorboiler mit primitiver Direktheizung, reduzierte sich unser Stromverbrauch ziemlich genau um den Anteil der Atomstromproduktion. Lesen Sie mehr.