ENSI erlässt „3. Verfügung an das KKW Mühleberg“

Rückblick vom Mai 2012:

Im Rahmen seiner ersten Ergebnisse der Sicherheitsüberprüfung der Schweizer KKW nach Fukushima hat das ENSI auch neue Verfügungen an die AKW erlassen.

Die „3. Verfügung an das KKW Mühleberg“ enthält die folgenden Punkte, welche für die Frage der Überflutung wesentlich sind:

Im Befund bekräftigt das ENSI seine Einschätzung von 1991, dass bei der Notkühlwasserfassung „eine Verstopfung durch Sedimente ausgeschlossen werden“ kann:

Das Einlaufbauwerk zur Notstand-Kühlwasserversorgung wurde schon vor seiner Errichtung intensiv hinsichtlich Möglichkeiten einer Verstopfung untersucht. Im Notstand-Anforderungsfall stehen zahlreiche Einlauföffnungen zur Verfügung, wobei eine freie Öffnung ausreicht um ausreichend Kühlmittel anzusaugen. Bei den geringen Ansauggeschwindigkeiten kann eine Verstopfung durch Sedimente ausgeschlossen werden. Die Wasserentnahme aus der Aare hat entsprechend der Beurteilung des ENSI einen hohen Redundanzgrad, wodurch auch nach heutiger Beurteilung eine sehr hohe Zuverlässigkeit der Kühlwasserversorgung des Notstandsystems zu erwarten ist, wie dies auch bereits mit dem HSK-Gutachten von 1991 bestätigt wurde.

Das ENSI räumt aber erstmals ein, dass das Fehlen einer zweiten, alternativen (Fachjargon: diversitären) Versorgung mit Kühlwasser (Fachjargon: Wärmesenke) ein Mangel darstellt.

Die Zuverlässigkeit der Notstand-Kühlwasserversorgung ist jedoch gemäss der Beurteilung des ENSI nicht in gleicher Weise gewährleistet wie sie durch eine gegen Erdbeben und Überflutung ausgelegte Wasserfassung aus einem Brunnen mit nachgewiesener Kapazität sichergestellt wäre.

Sein Befund lautet wie folgt:

Befund 1: Die Kühlmittelversorgung für das Notstandsystem stützt sich auf eine räumlich weit verzweigte Kühlwasserentnahme aus der Aare ab. Es steht aber keine diversitäre Alternative dazu zur Verfügung.

Die zur Behandlung dieses Befunds erforderliche Massnahme wird unter Punkt 4 „Entscheid zur Behandlung des identifizierten Verbesserungsbedarfs“ festgelegt.

Gesamthaft kommt das ENSI zum Ergebnis, dass keine kurzfristige Massnahme notwendig ist. Mit dem Notstandsystem verfügt das KKM über eine redundante  Sicherheitseinrichtung, die für die Auslegungsstörfälle Erdbeben und Überflutung einen ausreichenden Schutz bietet. Im Sinne der Vorsorge sind aber alle Vorkehren zu treffen, die zu einer weiteren Verminderung der Gefährdung beitragen, soweit sie angemessen sind. Deshalb ist die Forderung nach einer von der Aare diversitären und  verstopfungssicheren Kühlwasserversorgung entsprechend Art. 4 Abs. 3 Bst. b KEG gerechtfertigt.

Einerseits stützt das ENSI also eine bisherige Auffassung, dass für Auslegungsstörfälle alles in Ordnung sei. Dazu braucht es die Begriffe „weit verzweigt“ und „hohen Redundanzgrad“, was angesichts der Realität (anrechenbare Sicherheitssysteme unter Berücksichtigung eines Einzelfehlers) unverständlich ist.

Andererseits fordert es nun zur Bewältigung von auslegungsüberschreitenden Störfällen die Nachrüstung einer diversitären Notkühlwasserversorgung.

Forderung 1: Das KKM hat dem ENSI bis zum 31. August 2011 Massnahmen zur Nachrüstung einer erdbeben-, überflutungs- und verstopfungssicheren  Kühlmittelversorgung für das Notstandsystem vorzuschlagen.

Damit gibt das ENSI endlich – nach zwanzig Jahren! – den Einsprechern gegen das AKW Mühleberg Recht, die genau diesen Mangel bereits 1990 dokumentierten, jedoch vom ENSI bzw. dem Bundesrat eine Abfuhr erhielten (Entscheid des Bundesrates vom 14. Dezember 1992 zur Betriebsbewilligung des AKW Mühleberg, Seite 13).

4.1.6 Nachwärmeabfuhr

In verschiedenen Einsprachen wird vorgebracht, das KKM besitze im Gegensatz zu anderen Kernanlagen nur eine Wärmesenke.

Die Nachwärmeabfuhrsysteme sind im Sinne der Richtlinie R-101 vierfach redundant vorhanden. Eine Forderung nach zwei Wärmesenken besteht nicht, wenn die vorhandene Wärmesenke bei allen Auslegungsstörfällen vorhanden ist. Dies trifft beim KKM, welches die Aare als Wärmesenke benutzt, zu.

Diese Kehrtwende des ENSI wird später auch das Bundesverwaltungsgericht beschäftigen.

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