ENSI: „Kernkraftwerk Mühleberg reicht Umsetzungsplan fristgerecht ein“

ENSI Mahnwache Nr. 466

Umsetzungsplan mit Meilensteinen für die Nachrüstmassnahmen

Das AKW Mühleberg hat seinen Umsetzungsplan zur Nachrüstung beim ENSI eingereicht.

Der Umsetzungsplan enthält die Meilensteine für die Nachrüstmassnahmen, die das ENSI im Dezember 2012 gefordert hat. Die Stellungnahme des ENSI zum Langzeitbetriebsnachweis enthielt im Wesentlichen folgende Nachrüstforderungen:

  • Bau einer zusätzlichen, von der Aare unabhängigen Kühlwasserversorgung
  • Nachrüstung eines erdbebenfesten Brennelementbecken-Kühlsystems
  • zusätzliches Nachwärme-Abfuhrsystem

Die Massnahmen müssen gestaffelt spätestens bis zum Ende der Jahresrevision 2017 umgesetzt werden.

Appell an das ENSI, den gesetzlichen Auftrag wahrzunehmen

Im Vorfeld hatte das ENSI bedenkliche Zeichen ausgesendet (ich habe darüber berichtet). Deshalb habe ich an der 466. Mahnwache vor dem ENSI teilgenommen und zusammen mit einigen Teilnehmern einen Appell an das ENSI unterzeichnet und abgegeben.

Müssen sämtliche Länder der Welt diese Nachrüstung fordern und umsetzen, bevor auch die Schweiz als Schlusslicht nachzieht? Eine solche Sichtweise könnte man dem Zitat von Herr Dr. Wanner im eingangs erwähnten Zeitungsartikel entnehmen:

«Die BKW könnte sich beispielsweise auf den Umstand berufen, dass die Realisierung einer weiteren Wärmesenke gar nicht internationaler Standard ist», sagt Ensi-Direktor Hans Wanner gegenüber der NZZ.

Diese Haltung – würde sie denn die Intention von Herrn Wanner wiedergeben – wäre inakzeptabel. Die AKW der Schweiz wären in vielen Ländern nicht bewilligungsfähig gewesen, weil sie in zu dicht besiedeltem Gebiet liegen. Die historische Ausrede der Verantwortlichen in der Schweiz lag darin, unser Land verfolge einen deutlich höheren Sicherheitsstandard bei den Anlagen als andere Nationen. Der Schutz sei für jeden Einzelnen zu gewährleisten

[Anm: das folgende Zitat stammt von Herrn Wanners Vorgänger, Roland Naegelin, Aufsichts-Direktor 1980-1995 aus „Geschichte der Sicherheitsaufsicht über die schweizerischen Kernanlagen 1960-2003“, Seite 136].

Aus der Tatsache, dass die schweizerischen Standorte in vergleichsweise dicht bevölkerten Gebieten und knappen Distanzen zu grösseren Ortschaften liegen, ergab sich, dass die in Grossbritannien und den USA vorgeschlagenen und auch in Frankreich sowie Schweden weitgehend praktizierten, auf Abstand basierenden Standortkriterien nicht eingehalten werden können.

[…]

Die Frage, ob KKW in der Nähe von Ballungsräumen gebaut werden dürfen, lässt sich nur dann leicht (und zwar negativ) beantworten, wenn als Alternativen Standorte in menschenleeren, nicht genutzten, aber doch gut zugänglichen Gebieten zur Verfügung stehen. Dies ist in der Schweiz nicht der Fall; es gibt hier als Alternativen nur mehr oder weniger dicht besiedelte oder sonstwie mehr oder weniger stark genutzte Gebiete. Falls Menschen in der Nähe von KKW akzeptiert werden, so haben sie Anrecht auf Schutz im Notfall, unabhängig davon, wie viele betroffen sind.

Aus dieser historischen Schuldigkeit heraus müssen in der Schweiz deutlich höhere Massstäbe gelten als anderswo. Bei Mühleberg wohnen zehn Mal mehr Menschen im 30km-Umkreis, als etwa bei Fukushima, wo diese Zone evakuiert wurde. In Mühleberg geht eine vorherrschende Windrichtung genau in Richtung Bern, während in Fukushima 80% und mehr der radioaktiven Freisetzungen mit der vorherrschenden Windrichtung aufs Meer verfrachtet wurde. Die Bevölkerung wurde bei Fukushima weitgehend erfolgreich und rechtzeitig evakuiert, während dies in Bern anerkanntermassen unmöglich wäre.

icon_pdf 466. ENSI Mahnwache – Appell zu den Nachrüstungen des KKM

ENSI Mahnwache 466 - Ausgang s

Auf dem Nachhauseweg: jeden Montag bis Donnerstag eine höfliche Mahnung an die Mitarbeitenden des ENSI.

Vorläufig keine Kontroverse über „halbe Sachen“ bei der Sicherheit

Bereits am letzten Donnerstag hatte Der Bund im Artikel „BKW will Ensi-Auflagen erfüllen“ über die vorläufig kooperative Haltung der Mühleberg-Betreiberin berichtet:

Der Umsetzungsplan, den die BKW bis Sonntag einreichen muss, wäre nun eine Gelegenheit, um dem Ensi das Wunschszenario der BKW – Betrieb bis 2022, aber Abstriche bei Nachrüstungen – offiziell zu präsentieren. Doch die BKW lässt diese Gelegenheit verstreichen, wie Gasche dem «Bund» auf Anfrage sagt: «Die BKW hat sich dagegen entschieden, jetzt bereits Alternativen zu den Ensi-Forderungen vorzuschlagen.» Stattdessen wolle sie nun Ende Woche einen Umsetzungsplan gemäss den Vorgaben des Ensi abliefern. «Wir haben das ganze Programm, welches das Ensi gefordert hat, ausgearbeitet und werden es fristgerecht einreichen», sagt Gasche.

Ganz aufgegeben hat der BKW-Verwaltungsratspräsident seine Hoffnung auf ein Arrangement mit der Atomaufsicht Ensi allerdings nicht. Das Ensi werde das Programm nun prüfen, das die BKW einreichen wird. Gasche: «In diesem Rahmen werden wir anschauen, ob allenfalls gewisse Vereinfachungen möglich sind, falls wir das Kernkraftwerk Mühleberg nur bis im Jahr 2022 betreiben.» Dies sei allerdings nur seine persönliche Ansicht. Eine Möglichkeit wäre, so Gasche, mit dem Ensi eine Vereinbarung über die Stilllegung bis im Jahr 2022 abzuschliessen.

Im Moment scheint man die Kontroverse über „halbe Sachen“ bei der Sicherheit noch zu scheuen. Das wird nur so bleiben, wenn das ENSI seinen gesetzlichen Auftrag tatsächlich wahrnimmt.

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