ENSI: „Schweizer Kernkraftwerke beherrschen Hochwasser“
Rückblick vom Mai 2012:
Mit einer ausführlichen Medienmitteilung und einer Medienkonferenz verkündete das ENSI die Ergebnisse seiner Überprüfung der Hochwassernachweise, die es nach Fukushima gefordert hatte.
Das ENSI hat die Hochwassernachweise aller Schweizer Kraftwerke nach eingehender Prüfung akzeptiert. Das Kernkraftwerk Mühleberg kann aber erst wieder ans Netz gehen, wenn die laufenden Nachrüstmassnahmen für die Kühlwasserfassung in der Aare abgeschlossen und vom ENSI akzeptiert sind.
Die auf DRS 4 News live übertragene Medienkonferenz war für mich eine veritable Achterbahn der Gefühle. Das ging so:
Im Vorfeld wurde bereits das Problem der Zuschüttung der Ansaugöffnungen der Notkühlwasserfassung diskutiert. Die BKW musste deshalb auch neue, periskopförmige Ansaugstutzen nachrüsten.
An der Medienkonferenz wurde nun aber erstmals ein ganz neues, weiteres Problem bestätigt. Hier wiedergegeben ist der offizielle Befund aus der „Stellungnahme des ENSI zum deterministischen Nachweis des KKM zur Beherrschung des 10’000-jährlichen Hochwassers„, Seite 14.
Die auslegungsgemässe Funktion des SUSAN-Rechens ist nach Beurteilung des ENSI aufgrund der Sedimentablagerungsprozesse in den Rohren und der Konstruktion gewährleistet. Aufgrund der vom KKM eingereichten Unterlagen kann aber die Gefahr einer Verstopfung des SUSAN-Rechens durch biologisches Material nicht vollständig ausgeschlossen werden.
Damit bestätigte das ENSI also offiziell (aber selbstverständlich ohne Bezug) ein weiteres Problem, das ich im offenen Brief vom 11.5.2011 aufgeworfen hatte: die fehlende Reinigungsmöglichkeit für den Feinrechen im SUSAN Einlaufbauwerk.
Quelle: Offener Brief bzw. BKW, Sicherheitsbericht KKM 1989, Figur 12.1.6 – rote Elemente hinzugefügt
Die Einschätzung des ENSI (die übrigens im Widerspruch zur BKW stand) nahm ich also wohlwollend zur Kenntnis.
Leider wurde dieses Wohlwollen umgehend und gründlich wieder zerstört.
Als nächstes verkündete das ENSI allen Ernstes folgendes (zitiert wiederum aus der „Stellungnahme des ENSI zum deterministischen Nachweis des KKM zur Beherrschung des 10’000-jährlichen Hochwassers„, Seite 14):
Die Nachrüstung einer zusätzlichen Einspeisemöglichkeit durch vier Anschlussstutzen, welche in eine Einlaufkammer hinter dem SUSAN-Rechen münden, ermöglicht die Kühlwasserversorgung des SUSAN-Notstandsystems mit mobilen Pumpen auch bei einer allfälligen Verstopfung des SUSAN-Rechens.
Um jeden Zweifel zu zerstreuen, dass damit Notfallschutzmassnahmen (engl. Accident Management, AM) gemeint ist, fügt es weiter unten an:
Das ENSI beurteilt diese Nachrüstung zur Versorgung des SUSAN-Einlaufs mit Kühlwasser als eine zusätzliche Einrichtung, mit der die Kühlwasserversorgung des SUSAN mit hoher Zuverlässigkeit im Rahmen von AM-Massnahmen gewährleistet werden kann.
Um jeden weiteren Zweifel zu zerstreuen, dass dies innerhalb der sogenannten deterministischen Störfallanalyse so angerechnet wird, schreibt das ENSI auf Seite 15 zusammenfassend:
Verstopfungen der Zulaufstränge oder des Rechens des SUSAN-Notstandsystems sind nach Einschätzung des ENSI unwahrscheinlich, können aber deterministisch nicht völlig ausgeschlossen werden. Für diesen Fall ist, nach Beurteilung des ENSI, mit der Nachrüstung der vier Einspeisestutzen, die hinter dem Rechen einspeisen, die Kühlwasserversorgung des SUSAN-Notstandsystem gewährleistet.
Wir haben also mobile Feuerwehrpumpen, welche zur Beherrschung des deklarierten Auslegungsstörfalls (10’000-jährliches Hochwasser) im Rahmen von Accident Management angerechnet werden (zur Anschauung siehe folgenden Artikel mit Video).
Damit wirft das ENSI kurzerhand das fundamentalste Prinzip der Nuklearen Sicherheit über Bord. Das wollte nicht einmal die BKW (Tonaufnahme). Aber dazu später mehr.
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