Tagesanzeiger: „Atomaufsicht muss sich eigenmächtiges Handeln vorwerfen lassen“

Mit der Neuauflage der Richtlinie ENSI-A01 schreibt sich das ENSI seinen Rechtsstandpunkt aus den Verfahren „mobile Pumpen“ (AKW Mühleberg) und Dosisgrenzwerte“ (AKW Beznau) zurecht. Voreilig.

Die drastisch verwässerte Richtlinie verstösst in der neuen Fassung nicht nur ganz klar gegen internationale Sicherheitsstandards, sondern auch gegen die Schweizer Strahlenschutz- und Kernenergiegesetzgebung. Letztere soll jedoch bekanntlich mit der unsäglichen Teilrevision der Kernenergieverordnung an die rechtswidrige Praxis des ENSI angepasst werden. Jedoch ist die Beratung hierzu noch im Gang, der breite Widerstand dagegen noch ungebrochen.

Dazu der Tagesanzeiger im Artikel „Atomaufsicht muss sich eigenmächtiges Handeln vorwerfen lassen“ (von Stefan Häne):

Das Ensi hat Richtlinien für Störfälle festgelegt – mit Neuerungen, die der Bundesrat noch nicht abgesegnet habe, sagen Atomgegner.

Es war eine Mitteilung, wie sie für die Atomaufsichtsbehörde, das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi) ziemlich typisch ist: technisch komplex ihr Inhalt, mit Querverweisen auf andere, nicht minder technische Inhalte. Doch sie birgt Sprengkraft, die überarbeitete Richtlinie mit dem Namen ­Ensi-A01, deren Inkraftsetzung die Atomaufsichtsbehörde am 25. September auf ihrer Website kommuniziert hat.

Der springende Punkt: Die Richtlinie übernimmt wichtige Elemente der drei Kernenergieverordnungen (KEV), die derzeit in Überarbeitung, vom Bundesrat aber noch nicht abgesegnet sind. Zu diesem Schluss kommt jedenfalls die Schweizerische Energie-Stiftung (SES) nach einer Analyse des Regelwerks.

Die Umweltorganisationen haben sich vergeblich gegen diese Neufassung gewehrt.

Ihre Kritik haben die Atomgegner bereits im Rahmen der öffentlichen Anhörung zur neuen Richtlinie vorgetragen. Vergeblich, wie inzwischen klar ist. Das Ensi berücksichtigt eigenen Angaben gemäss die eingegangenen Stellungnahmen, «soweit dies sachlich gerechtfertigt ist».

Abspann

Man verzeihe mir angesichts des unsäglichen Vorgangs die nachfolgende Heiterkeit.

Ich nenne die neue Richtlinie A01 die „Rollator-Richtlinie“: Sie erlaubt es auch den uralten Schweizer AKW, noch unbegrenzt weiter „lauffähig“ zu bleiben. Wenn man sich die Sicherheitsprüfung als 100-Meter Sprint vorstellt, dann wird neu (analog zum Dosisgrenzwert) die 100fache Zeit erlaubt und man darf sich mobiler Hilfsmittel bedienen, wenn man ohne diese gar nicht mehr das Ziel erreichen würde.


Bildquellen: ENSI, Wikipedia.

(Ich bitte alle Rollator benutzenden 100-Meter-Sprinter förmlich um Verzeihung für den zweifellos rufschädigenden Vergleich mit einem Schweizer Uralt-AKW.)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Leider wird dieses Formular von SPAM-Robotern missbraucht. Bitte beweisen Sie mit der folgenden Rechenaufgabe, dass Sie ein Mensch sind, vielen Dank. *